
29.06.2021 || 1. Hallo Philipp, hallo Lukas! Zu Beginn möchten wir Euch ein wenig besser kennenlernen. Wie habt Ihr Euch kennengelernt und wie kam es zur Gründung von Treptow?
Treptow:Wir haben uns während des Studiums kennengelernt, waren quasi Nachbarn und sind sehr schnell sehr gute Freunde geworden. Unsere Liebe zur Musik hat uns dabei immer irgendwie verbunden, wobei wir jahrelang auch “nur” befreundet waren, ohne überhaupt an gemeinsames Musikmachen oder gar eine Band zu denken. Mehr nebenbei und zum Spaß haben wir irgendwann gemeinsam ein paar Songs bei einer Handvoll Auftritte gespielt, was wir bald darauf immer ernsthafter verfolgt haben. Als wir das erste Album fertig aufgenommen hatten und über die Veröffentlichung nachgedacht haben, wollten wir dem Ganzen einen Namen geben. Im Frühjahr 2017 folgte dann mit den ersten Musikvideos auch die offizielle Geburtsstunde von Treptow.
2. Schreibt Ihr erst die Lyrics oder ist die Musik zuerst da? Und hat jemand beim Schreiben Eurer Lieder das Sagen?
TR:Was die Entstehung unserer Lieder angeht, ist das Songwriting bzw. die Reihenfolge bei uns immer etwas unterschiedlich. Manchmal gibt es eine musikalische Idee, bevor es den Text gibt, und manchmal läuft das eben anders herum. Die Texte schreibt dabei aber alle Philipp, wobei es uns sehr wichtig ist, dass wir beide hinter den Songs stehen können und mit den Inhalten etwas verbinden.
3. Mit Eurem ersten Album habt Ihr eine riesige Tournee gemacht, nicht nur in Deutschland, sondern auch international. Wie haben die Reisen der vorletzten Jahre Eure Musik verändert?
TR:Auf unseren Konzertreisen und Touren hatten wir die Ehre und das große Glück, auch in Ländern zu spielen, in denen Rockmusik und Jugendkultur noch eine Provokation sind - von weltoffenen Texten und einer bunten gesellschaftlichen Einstellung ganz zu schweigen. Wenn man dann vor Ort all die Menschen tief berührt, für die ein Rockkonzert noch etwas ganz Besonderes und überhaupt nichts Selbstverständliches ist, ist das unbeschreiblich schön und zeigt die Sinnhaftigkeit von Musik.
4. Euer zweites Album entstand dann zu einer Zeit mit Lockdowns und ohne Aussicht auf Live-Konzerte. War das schwer für Euch?
TR:Da wir eine Live-Band sind, die so viel wie möglich spielt, war es eine riesige Umgewöhnung. Unser zweites Album wollten wir schon 2020 veröffentlichen, was wir dann “aus Gründen” geschoben haben. Da eh alles ungewiss war, haben wir das Beste draus gemacht und uns einfach so viel Zeit für das zweite Album genommen, wie wir wollten. In diesem Zuge haben wir uns nochmal an die Songs gesetzt und auch das Artwork und alles drumherum in aller Ruhe entwickelt. Das hat sich total gelohnt, auch wenn die Zeit ohne Konzerte und ohne Perspektive besonders in den ersten Monaten nicht einfach war.
5. Und wie hat diese Situation Eure Musik beeinflusst?
TR:Eine Band ist auch immer eine Beziehung - wir haben viel geredet. Man muss ehrlich zu sich selbst sein und das dann auch noch verbalisieren können. So richtig wussten wir nicht, wie es weitergeht und haben dann versucht, durch tägliches Proben den Kopf über Wasser zu halten. Ob wir besser geworden sind und inwiefern das unsere Musik tatsächlich beeinflusst, wissen wir nicht. Es gibt uns aber noch und wir haben gelernt, wie viel die Musik, Konzerte und generell unser Leben als Band für uns wirklich bedeuten. Vielleicht kann man das mit Glückseligkeit, Ehrfurcht und Dankbarkeit zusammenfassen, wenn wir das machen dürfen, was wir lieben.
6. Langsam soll es zurück in die Normalität gehen. Wie sieht Eure Tourplanung aus?
TR:Wir haben noch einige offene Shows und Touren im Ausland, die seit der Pandemie auf Eis liegen und nur darauf warten, aufgetaut zu werden. Außerdem gibt es viele Festivals, die es nachzuholen gilt und zwei nachträgliche Release-Shows haben wir für Berlin auch noch geplant. Nächstes Jahr hoffen wir auf einen ausgeprägten Festivalsommer, woran wir schon arbeiten.
7. Was genau bedeutet der Albumtitel „Von der Zukunft vor dem Fall“ für Euch?
TR:Der Albumtitel bedeutet Hoffnung und Kritik, Utopie und Realität. Er soll zum Träumen und zum Nachdenken einladen und die Frage stellen, wie wir leben wollen.
8. Ihr sagt von Euch, dass Ihr mit Eurer Musik Stellung beziehen wollt. Was heißt das für Euch?
TR:Unsere Musik wollen wir nicht nur um unser selbst willen für unsere Egos oder zur Selbsttherapie machen. Wir wollen bestenfalls Kunst und Musik schaffen, die relevant ist und gesellschaftliche Veränderung begünstigt.
9. Gibt es ein Lieblingslied auf dem aktuellen Album und warum gerade das?
TR:Man liebt ja bekanntlich alle seine Kinder gleich, auch wenn einige Kinder gleicher als die anderen sind. Das variiert sehr bei uns, weil auch wir einen Song “wiederentdecken”, wenn wir den länger nicht gespielt haben. Man hat umgekehrt auch mal einen Song satt, wenn man ihn zu oft spielt.
10. Und umgekehrt – gibt es ein Lied, das in der Aufnahme oder beim Schreiben besonders anstrengend für Euch war?
TR:Es gibt Selbstläufer wie “Narrenschiff”, die einem locker von der Hand gehen und es gibt Songs, die mehr Aufmerksamkeit benötigen. Vermutlich gibt es drei, vier Songs, die wir in einem Jahr komplett anders im Studio interpretieren würden, aber das gehört bei einem Album bzw. einer Schaffensphase wohl dazu. Wir hatten ein gewisses Grundgefühl für das Album, wo wir hin und wieder in den einzelnen Songs etwas schrauben mussten. Tatsächlich sind von den ursprünglich geplanten Songs auch nicht alle auf das Album gekommen. Wenn wir uns unsicher sind, lassen wir es einfach.
11. Was sind Eure Wünsche für die Zukunft vor dem Fall?
TR:Wenn sich das Album langsam und gemütlich zu einem Geheimtipp entwickelt, wäre das toll. Die Menschen sollen das Album für sich entdecken und sich ihre eigenen Gedanken dazu machen können; und das hat alle Zeit der Welt.
12. Wie sieht ein freier Tag in Eurem Leben aus?
TR:Ausschlafen, gutes Essen, Sport, Freunde, Familie, Kultur und Musik.
13. Gibt es DAS Projekt, das Ihr unbedingt noch realisieren wollt?
TR:Unser drittes Album (und danach das vierte, fünfte...) Aber Spaß beiseite. Eine Tour in Nordamerika und eine Albumproduktion mit einer Produzentin oder einem Produzenten aus den USA wären noch auf unserem Wunschzettel.
14. Treptow in drei Worten?
TR:politisches Berliner Rockduo
Interview: KS
Foto: Hendrik Gergen