
08.08.2013 || StageCat: Sie machen Comedy, Sie singen, tanzen, schauspielern, schreiben Songs – Was davon macht Ihnen am meisten Freude und was können Sie eigentlich nicht?
Dittmar Bachmann: Oh, letzteres zuerst beantwortet: Einfach mal in wichtigen Momenten nicht meine ehrliche Meinung zum Besten geben, sondern die „Fresse halten“
Und dann: Eigentlich hatte ich mir in der Schule vorgenommen, Rockstar zu werden, gleich nach „Hollywood-Berühmtheit“, aber leider wollten die Plattenfirmen meine Musik nicht und Hollywood hat sich bis heute auch nicht gemeldet. Da blieb mir nur noch die Karriere vom Klassenkasper zum „Popstar der Comedy“.
Wenn ich aber die Wahl hätte, wäre ich am Liebsten mit meiner Band auf Tournee.
SC: Welche Herausforderung würden Sie gerne noch meistern?
DB: Einmal „Wetten dass...?!“ moderieren...oder einmal eine von diesen Scripted Reality Sendungen komplett schauen, ohne geistigen Durchfall zu bekommen.
SC: Erinnern Sie sich noch an das erste Mal auf der Bühne? Wie war das?
DB: Das erste Mal auf der Bühne war in der 4. Klasse, ich wollte eigentlich die Hauptrolle bekommen, aber die wurde dann ausgerechnet dem Jungen mit dem „ch“-Sprachfehler zugesprochen und so musste ich mit den bewegenden Zeilen „Brumm-brumm – töff-töff“ (als Trecker fahrender Bauer) ins Rampenlicht...
Das erste Mal auf der Bühne, dass ich für meine Kunst Geld bekam, war mit meinem Comedy-Ensemble „Holla-Bolla (ex Bolla-Holla)“ – wir machten da als lebendige Kasperfiguren Quatsch für Erwachsene und konnten im Anschluss von den Einnahmen das Essen beim Griechen für alle Ensemblemitglieder begleichen...
Das erste Mal auf der Bühne im Quatsch Comedy Club im Dezember 2005 war ein unglaublich positives Erlebnis, das Gefühl, angekommen zu sein und bei mir Liebe auf den ersten Blick, da wollte ich unbedingt mal spielen, da passe ich hin, im Quatsch Club bin ich noch nie mit meiner Art der Comedy abgeschmiert.
SC: Mit wem würden Sie gerne einmal zusammenarbeiten?
DB: Mit Peter Gabriel. Für mich DER beste, innovativste Musiker aller Zeiten.
Im humoristischen Bereich, wenn er nicht leider schon von uns gegangen wäre: mit Loriot – auch wenn ich was ganz anderes mache, ist seine Art des Humors unerreicht, grandios, wunderbar, auf den Punkt – besser geht nicht.
SC: Ihr neustes Solo-Programm heißt „Zu alt für diesen Scheiß“. Worum geht es und warum sollten unsere User sich das Programm unbedingt ansehen?
DB: Ach, ich könnte jetzt den Pressetext herunterleiern, aber grundsätzlich hat mal ein ehemaliger Freund zu mir jahrelang gesagt, dass es bei mir sowieso nichts mehr werden würde mit einer Karriere im Business, ich sei eh schon „zu alt für diesen scheiß“ und nach jedem Abend auf der Bühne komme ich zum Schluss, ich bin „noch lange nicht“ zu alt für diesen Scheiß (!!) und so steht`s ja auch auf meinem Plakat.
Logisch gibt es Momente im Leben, wo man merkt, für diesen Mist bin ich echt zu alt. Für genügend Blödsinn, jede Menge Pop-Rock und schweißtreibende Tanzeinlagen dann allerdings offensichtlich noch nicht.
Unbedingt ansehen wegen dieser einzigartigen Mischung aus Stand-Up, Tanz und Gesang !!
SC: Wofür fühlen Sie sich zu alt?
DB: Für Radiosender mit ihrem ewigen „nur bei uns hören Sie die Hits“-Blabla und der ewig gleichen, langweiligen Musikauswahl sowie deren wie auf „Fröhlichkeits-Droge“ quatschenden Moderatoren.
Für diese ganzen unsäglichen Casting-Shows im TV, eine nerviger als die andere und für die ganzen Reality-Soap Formate, in denen minderbemittelte Menschen minderbemittelte Menschen, in immer wieder den gleichen bescheuerten Situationen als „Möchtegern-Schauspieler“ darstellen sollen. Ich frage mich, ob es in Zukunft nur noch Fernsehen für geistige Murmeltierchen geben wird und die irgendwann die Welt beherrschen...?
SC: Ihre Band ‚Bachmann’ ist allerdings ‚Noch lange nicht zu alt’?
DB: Ach, die Frage ist ja lieb :-) ...auch wenn sie ein klein wenig schmerzt. Ich hatte für Anfang diesen Jahres eine „Mini-Tournee“ mit meiner Band geplant – musste diese jedoch leider aufgrund zu geringen Vorverkaufs absagen :(
Offensichtlich konnte mein Comedy-Publikum die Transferleistung nicht erbringen, dass auch ein Abend mit BACHMANN und Live-Musik ebenso unterhaltsam sei, wie ein Comedy-Abend, auch wenn mich nach meinen Comedy-Auftritten etliche Zuschauer in den letzten Jahren angesprochen hatten, ob ich nicht nur mal mit Musik auf die Bühne gehen wolle.
Aber ich bleib dran, das ist mein Traum, den werde ich mir noch irgendwann einmal erfüllen.
SC: Woher nehmen Sie die Ideen für Ihre Projekte und Programme?
DB: Man muss einfach nur genau hinschauen und hinhören, dann birgt das Leben einen so reichhaltigen Ideen-Pool, aus dem man reichlich schöpfen kann – vorausgesetzt, man bleibt bei sich selbst und kupfert nicht irgendwelche angesagten Themen ab.
SC: Was viele nicht wissen: Sie waren jahrelang der Comedycoach von Oliver Pocher. Er wird so einiges von Ihnen gelernt haben, aber haben Sie auch etwas von ihm gelernt?
DB: Ja, tatsächlich, ich habe viel in dieser Zeit gelernt. Zum Beispiel, dass man nicht singen können muss und trotzdem zwei Singles rausbringen darf. Ich habe gelernt, dass man nicht zwingend Schauspielen können muss und trotzdem einen Kinofilm drehen darf. Ich habe gelernt, dass ein Realschulabschluss ausreicht, um mit Harald Schmidt eine Sendung in der ARD machen zu dürfen. Und ich habe gelernt, dass man mit äußerst geringem künstlerischen Potential aber einem unerschütterlichen Selbstbewusstsein sowie den richtigen Befürwortern in den entscheidenden Positionen tatsächlich Millionär werden kann. Das Wichtigste, das ich gelernt habe, war die Erkenntnis, dass das TV-Business ein äußerst inzestuöses Gewerbe ist, in dem es keinen Platz für Menschen mit eigener Meinung gibt.
Nein, nur Spass, tatsächlich bewundere ich Oliver Pocher für seine unglaubliche Spontaneität und seine einzigartige, teils kompromisslose Schlagfertigkeit, eine Gabe, die ihn auszeichnet, auch wenn es vielleicht in Ausnahmefällen mal schlauer gewesen wäre, noch eine dreißigstel Sekunde länger über den nächsten Satz nachzudenken, als unbedacht loszuplappern, aber das kann er wie kein anderer Comedian in Deutschland.
SC: Ihr Lieblingsspielort und warum?
DB: Wenn es um Mixed-Shows geht: definitiv der Quatsch Comedy Club Berlin – eine ganz tolles Team, super Techniker, beste Technik, wunderbare Bühne und ein sensationelles Publikum – immer!!
Wenn ums Solo-Programm geht: Überall dort, wo die Veranstalter noch nicht vergessen haben, warum sie diesen Job überhaupt machen, einem das Gefühl vermitteln, man käme nicht in irgendeinen Spielort, sondern man käme nach Hause und die Qualität Deiner Leistung nicht ausschließlich von der Quantität der Zuschauer abhängig machen.
SC: Ihr neuster Streich ist eine Parodie des Sommerhits „Blurred Lines" von Robin Thicke. Was reizt Sie an daran, Parodien zu machen?
DB: In erster Linie muss mir das Original gefallen, das war bei „Quit Playing Games“ so, was bei mir zu „Arsch voll behaart“ wurde das war bei „Get Lucky“ von Daft Punk so („Knicki-Knacki“) und es ist jetzt bei „Blurred Lines“ (Blöd sein) nicht anders. Ich finde den Song selber super, singe den auch gerne als Karaoke und im besten Falle kommt mir eine komische Idee für den Text, wobei ich den Kelch bei „Blurred Lines“ gerne weiterreiche, denn mein geschätzter Kollege Ingmar Stadelmann schrieb mir eines Nachts auf Facebook: "Dittmar! Ich hab zwar jetrunken...aber hier lief gerade Robin Thicke "Blurred Lines" und weist du was...man kann darauf "blöd sein" singen. Wer außer dir sollte das machen à la arsch voll behaart? du muuusst!"
Ja. Ich musste. Also seine Idee und ich hatte mich dann dran gesetzt, den kompletten Text geschrieben mit anschließenden Ergänzungen von Ingmar, Vocals eingesungen, Video geschnitten und fertig .-)
Der Reiz liegt für mich wohl daran, die Persiflage ebenso gut vom Sound und den Gesängen hinzubekommen, dass die Leute im besten Falle nun wie bei „Blöd sein“ sogar auf YouTube Kommentare wie: „Genialer Song und besser als das original!!!“ posten.
Das macht mich dann schon ein klein wenig stolz und ich weiß, dafür hat sich der ganze Aufwand gelohnt...vom Spaß der Produktion mal abgesehen.
SC: Werden wir Sie jemals mit einem politischen Programm auf der Bühne sehen?
DB: Manchmal, wenn ich politisches Kabarett des Strickmusters „XY“ sehe, dann denke ich mir „Warum machst Du Dir das Leben mit den Musiknummern und dem ganzen Rumgetanze nur so schwer? Mach doch auch Kabarett“.
Grade, weil ich eine politische Meinung habe und die auch auf der Bühne mal Kund tun könnte.
Man soll ja nie NIE sagen, doch ich denke, diese Form von Entertainment, die ich biete, findet grade, weil sie komplett unpolitisch ist, ihr Zielpublikum. Ich möchte, dass die Menschen, die in mein Programm kommen, einfach bedenkenlos drauflos lachen können, dass sie sich amüsieren, dass sie mitmachen, mitklatschen, mitsingen, einfach am Ende einen schönen Abend hatten und im Idealfall zu mir nach der Show so Sätze sagen wie „Ich hatte heute totalen Stress und eigentlich gar keine Lust noch loszugehen, aber bei Dir habe ich für 2 ½ Stunden alles andere komplett vergessen. Danke noch mal“. Wenn man DAS schafft, dann hat man`s geschafft, finde ich.
SC: Worüber können Sie immer wieder lachen und wann hört bei Ihnen der Spaß auf?
DB: Immer wieder aufs Neue kann ich über Filme wie „Das Leben des Brian“ oder über aberwitzige Nummern meiner Kollegen lachen, auch wenn man diese durch die vielen Mixed-Shows miteinander beinahe schon mitsprechen könnte.
Ich mag keine Comedy, die sich über den Holocaust lustig macht oder Pädophilie zum Thema hat – da könnte ich kotzen.
SC: Was würde in einer Kontaktanzeige über Sie stehen?
DB: Rüstiger Kasperkopp (um die 35 – 46) ohne Haare auf dem selbigen aber mit Rapper-Gedächtnis-Bärtchen und jeder Menge guter Laune als auch Musik im Gepäck sucht SIE Mitte Zwanzig, Millionärin, intelligent, Typ Pamela Anderson zur Vorbereitung auf seinen wohlverdienten Ruhestand.
SC: Wo sehen Sie sich in 10 Jahren?
DB: Genau da, wo ich heute schon sein darf, nur 6 Kilo leichter.
Interview: Darja Schmidt & Jeannette Wistuba