
04.02.2014 || StageCat: Sie sind Kabarettist und betreiben nebenbei das Satire-Blog „FUTTERblog“ zum Thema Ernährung, Lebensmittelindustrie und Verbraucherschutz. Wie kamen Sie auf die Idee, bewusste Ernährung zu Ihrem Thema zu machen?
Philipp Weber: Durch ein Buch von Ulrich Grimm: „Die Suppe lügt“. Da stolperte ich über den Begriff „explosionsgetrockneter Sellerie“. Das Wort war so lustig, dass mir plötzlich aufging: Natürlich, ein Kabarett-Programm über das Essen muss her!
SC: Sie sind studierter Naturwissenschaftler (Biologie und Chemie). Kommt daher vielleicht auch die Faszination für unsere Essgewohnheiten?
PW: Nein, das eigentlich nicht. Meine Begeisterung für das Essen kommt durch das Essen selbst. Das Studium stellte mein Vorhaben nur auf ein solides, wissenschaftliches Fundament. Endlich mal eine Möglichkeit, fünf Jahre Laborarbeit und Bücher-Wälzen gewinnbringend für den Steuerzahler einzusetzen.
SC: Im vergangenen Mai erschien Ihr Buch „Essen kann jeder! Streng verdaulich. Fakten für alle, die es täglich tun“. War das die konsequente Fortsetzung des Blogs und welche Botschaft wollen Sie vermitteln?
PW: Natürlich. Wenn man sich so viel Zeit mit einem Blog beschäftigt, denkt man sich, das muss man doch weiter verwerten können. Wobei genau genommen der Verlag auf die Idee zu dem Buch kam. Ich hätte mir die Schinderei nicht freiwillig angetan. Und meine Botschaft ist der Titel: Essen kann jeder! Eine komische und längst überfällige Streitschrift gegen die Problematisierung unserer Essgewohnheiten. Und für mehr Lebenslust, ohne den Planeten ganz aus den Augen zu verlieren. Wie das funktioniert? Kaufen Sie das Buch!
SC: Wie sieht es mit Ihren eigenen Essgewohnheiten aus? Was findet sich in Ihrem Kühlschrank?
PW: Meistens nicht viel. Ich toure so viel durch die Gegend, dass ich auf das Privileg des Kochens meistens verzichten muss. Viele Leute wissen gar nicht, was es für ein Segen ist, sich seine Nahrung selbst zubereiten zu dürfen!
SC: Was stand bei Ihnen zu Weihnachten auf dem Tisch? Und hat sich Ihr Körpergewicht schon davon erholt?
PW: Ich bin als Spargel-Tarzan geboren, da kann mir die fetteste Gans nichts anhaben!
SC: Welches Thema liegt Ihnen noch am Herzen?
PW: Oh je, ich bin ziemlich begeisterungsfähig. Fragen Sie lieber, welche Themen mir nicht am Herzen liegen. „Sex“ als kabarettistischer Gegenstand ist überschätzt.
SC: Auch in Ihrem neusten Programm „Durst – Warten auf Merlot“ geht es, dem Titel nach zu urteilen, um leibliche Genüsse. Erzählen Sie uns doch etwas ausführlicher davon.
PW: Es ist einfach eine konsequente Fortführung meiner Idee, Verbraucherschutz als kabarettistische Kunstform zu betreiben. Ich konnte in „Futter“ viele Aspekte, die mich mit brennender Sorge erfüllen, aus reiner Zeit-Not noch gar nicht beleuchten. Fairer Handel. Der globale Kampf um das Wasser. Die Zuckerindustrie. Und vieles mehr. Außerdem geht es um die fundamentale Frage: Kann man mit Alkohol überhaupt vernünftig umgehen? Ich möchte nicht zu viel verraten. Aber das Thema ist abgründig und hochkomisch.
SC: Zudem sind sie Mitglied des Ersten Deutschen Zwangsensembles und stehen regelmäßig mit Ihren Kollegen Mathias Tretter und Claus von Wagner auf der Bühne. Wie sieht die Arbeit an einem humoristischen Programm zu dritt aus?
PW: So ein Programm zu gestalten, ist immer eine kreative Herkulesarbeit, die leider auch noch unter extremen Zeitdruck erbracht werden muss. Deswegen fahren wir immer zum Schreiben in die Bretagne und abends belohnen wir unsere Mühen mit gutem Wein. Der Rest bleibt unser Geheimnis.
SC: Stehen Sie lieber alleine auf der Bühne oder als Combo? Wo sehen Sie Vor- oder Nachteile?
PW: Meine Hauptbrötchen verdiene ich solo. Deswegen bin ich meistens allein unterwegs. So gesehen ist das Ensemble immer eine bisschen Urlaub. Ich brauche beides. Der große Nachteil am Ensemble ist natürlich, dass ich von der Garderobe über den Applaus bis zur Gage alles teilen muss!
SC: Welche Projekte stehen in diesem Jahr an?
PW: Ich bringe mit meiner Freundin Inka Meyer im März ein Buch heraus. „Ragout vom Mammut“. Eine sehr lustige und skurrile Kulturgeschichte über das Kochen. Reichlich illustriert und mal ganz was anderes. Ein humoristisches und ästhetisches Feuerwerk. Da freue ich mich sehr drauf.
SC: Worüber können Sie nicht lachen?
PW: Über Humorlosigkeit
SC: Worin sind Sie richtig gut?
PW: Im Nervenverlieren.
SC: Und worin richtig mies?
PW: Im Maßhalten.
SC: Wo sehen Sie sich in 10 Jahren?
PW: Hoffentlich da, wo ich heute auch am Liebsten bin. Auf der Bühne und an einem großen Tisch mit meinen Freunden und einer schönen Flasche Wein.
SC: Vielen Dank für das Gespräch!
Interview: Darja Schmidt
Fotografin: Inka Meyer