
29.12.2017 || StageCat: Gerade erschien im Divan Verlag die zweite Auflage deines Buches ‚Corporate Anarchy‘. Wie fühlst du dich dabei?
Nils Honne: Gut, sehr gut um genau zu sein. Als Debütant freut es einen natürlich zu wissen, dass nicht nur der eigene Bekanntenkreis das Buch liest.
SC: Steckte schon immer ein kleiner Schriftsteller in dir?
NH: Ich mochte es zumindest immer, mir Geschichten auszudenken. Das Schreiben kam jedoch erst später.
SC: Erzähl uns ein bisschen was zu deinem Buch. Wie kamst du auf die Idee?
NH: Die Idee kam mir beim Lesen von Kommentaren zur Finanzkrise sowie dem Untergang der Deepwater Horizon. Ich fand den blinden Hass der Menschen faszinierend, wie leichtfertig sie den Verantwortlichen den Tod und Schlimmeres wünschten, und fragte mich, was wohl wäre, wenn sie ihre Fantasien ausleben würden. So entstand die Idee zu einer linken Terrorzelle, die als Karma-Polizei agiert.
SC: Warum sollten unsere User dein Buch unbedingt kaufen?
NH: Weil man viel über sich selber lernt und die Tatsache, wie dehnbar die eigenen Moralvorstellungen sind.
SC: Du warst selbst jahrelang als Werbetexter tätig wie dein Protagonist Marvin. Wieviel Nils steckt in Marvin?
NH: 60%. An schlechten Tagen 70%. Ich kann den Frust von Marvin verstehen, die Ohnmacht angesichts des Wahnsinns auf der Welt, aber nicht die Konsequenzen, die er daraus zieht.
SC: Und jetzt arbeitest du in der Forschung. Wie kam es zu diesem Sinneswandel?
NH: Ach, wenn man zum tausendsten Mal ein unsinniges Produkt zum besten, schönsten, tollsten Ding auf der ganzen weiten Welt hochstilisiert, beginnt man zwangsläufig an der Sinnhaftigkeit seines Daseins zu zweifeln und fragt sich, ob man sein Leben nicht besser nutzen kann.
SC: Kennst du eigentlich die 80er Jugend-Serie ‚Patrick Pacard‘? Da ging es auch um eine Erfindung von nachhaltigen, widerstandsfähigen Pflanzen.
NH: Ja. Ich fürchte nur, dass in der heutigen Version Prof. Grunström für seine genmanipulierten Superpflanzen wahrscheinlich nicht von Geheimdiensten, sondern von Umweltschutzorganisationen gejagt werden würde.
SC: Und was hältst du von dem jetzigen 80er Jahre Trend?
NH: Sind wir noch in den 80ern? Ich dachte wir sind schon in 90er-Jahren des Recycle-Wahns. Ich fürchte bald gehen uns die Jahrzehnte aus und wir müssen uns tatsächlich wieder etwas wirklich Neues einfallen lassen.
SC: Neuerdings gibt es wieder häufiger alte Gemüse- und Obstsorten zu kaufen. Was meinst du? Kurzer Trend oder nachhaltiger Wandel der Wirtschaft?
NH: Ich hoffe auf einen nachhaltigen Wandel. Wenn man bedenkt wieviele Sorten und Arten es noch vor 100 Jahren gab, ist es wirklich erschreckend, wie wenig Variation es mittlerweile gibt.
SC: Du bist gerade häufig mit Lesungen unterwegs. Wie gefällt dir das Leben ‚On the Road‘?
NH: Ich mag Lesungen. Schreiben ist eine sehr einsame Tätigkeit, insofern finde ich den Austausch sowie das direkte Feedback bei Auftritten eine willkommene Abwechslung.
SC: Hast du noch Lampenfieber vor einem Auftritt?
NH: Aber klar doch! Und wie ich mich kenne, wird sich das nie ändern.
SC: Wie nimmt man deine Lektüre im Idealfall auf? Von dir vorgelesen oder jeder für sich unter der Nachttischlampe?
NH: Ich fürchte, jedem vorlesen wird schwierig. Wobei, klingt nach einem neuen Amazon-Service. „Kauf-das-Buch-und-der-Autor-kommt-vorbei-um-es-vorzulesen“. Der Gipfel unserer Dienstleistungsgesellschaft – oder der Abgrund. Aber im ernst: Das muss jeder für sich selbst entscheiden. Ich freue mich über jeden, der zu meinen Lesungen kommt.
SC: Was inspiriert dich?
NH: Alles, was den eigenen Horizont erweitert. Gewöhnlich sind das bei mir Dinge außerhalb der Norm. Wenn mich etwas überraschen kann – im Guten wie im Schlechten – inspiriert es mich in der Regel auch.
SC: Hast du ein Autoren-Vorbild?
NH: Ich finde den Werdegang von Alex Garland bewundernswert. Vom Autor zum Drehbuchautor und schließlich zum Hollywood-Regisseur – das muss man erst mal nachmachen.
SC: Wie sieht ein freier Tag im Leben des Nils Honne aus?
NH: Ganz gemütlich: Entweder auf der Couch Serien gucken oder im Wald Natur beobachten.
SC: Wann können wir uns auf dein nächstes Buch freuen?
NH: Ich habe vor kurzem mit meinem zweiten Roman begonnen und hoffe ihn bis Ende nächsten Jahres zu beenden. Aber soviel kann ich schon verraten: Es wird etwas ganz anderes.
SC: Welches Projekt würdest du gerne noch realisieren?
NH: Als echter Fernsehjunkie träume ich schon länger davon, eine Fernsehserie zu entwickeln. Ideen hätte ich schon einige, jetzt fehlt nur noch die Zeit.
Interview: JA
Foto: privat