26.09.2012 || StageCat: Frau Zink, Ihr Kabarettprogramm „Sexy ist was anderes“, was auch der Titel ihres aktuellen Buches ist, beschäftigt sich mit dem Phänomen der neuen Medien, der computergestützten Apparaturen und den sozialen Netzwerken.
Benutzen Sie daheim oft elektronische Medien?
Anke Zink: Natürlich, man kommt ja gar nicht daran vorbei! Die digitale Welt ist in alle Lebensbereiche eingedrungen. Es geht nicht nur um den PC, vor dessen Bildschirm man hockt.
Fast jedes Haushaltsgerät hat einen Chip! Und wenn wir nicht so spuren, wie der Chip das will, dann piept es! Das Navi piept, das Auto piept, der Akku piept. Nur der Kanarienvogel piept nicht mehr, der imitiert den Nokia Klingelton. Ich nenne das gerne die „Diktatur der Dinge“! Und dagegen protestiere ich!
SC: Wie beurteilen Sie als studierte Soziologin die sozialen Netzwerke?
AZ: Soziales Netzwerken kann die Arbeit erleichtern, Verbindungen herstellen, sogar emotionale Kontakte knüpfen und erhalten. Der Mensch gibt auf diesen Plattformen so viel preis, wie er preisgeben will. Niemand wird gezwungen seine intimsten Dinge zu offenbaren. Wenn er es trotzdem macht …. bitteschön, das hat auch etwas mit Freiheit zu tun. Da gilt die alte Regel: „Wer nackt ist, hat sich ausgezogen“.
SC: Was bedeutet für Sie Kommunikation im beruflichen Sinne?
AZ: Sie können sich gar nicht vorstellen, was es für mich als Künstlerin, die auch mal jung und unbekannt war, bedeutet, über E-Mail verfügen zu können. Damals, vor E-Mail, da lief man bei Regen und Schnee mit den tonnenschweren, handeingetüteten Korrespondenzen und Werbeschriften im Rucksack persönlich zur Post. Ja, das können sich die jungen Leute heute gar nicht mehr vorstellen, was wir damals rumgeschleppt haben… Auf E-Mail verzichten können heute nur noch privilegierte ältere Menschen, zum Beispiel unsere Oma: „Ich brauch kein email, ich habe Enkel“
SC: Sie gelten als Powerfrau, als rheinische Frohnatur. Worüber weint denn Anka Zink wenn sie alleine und privat sein darf?
AZ: Aha, eine private Frage zwischendurch: Ich habe eine weiche Seite in allen Liebes- und Familiendingen. Es bedrückt mich, wenn da etwas nicht rund läuft. Ja, ich habe Familiensinn, Belastung und Freude zugleich. Darf das genügen?
SC: Für viele Kabarettisten dient die „Dummheit“ oder „Naivität“ mancher in der Öffentlichkeit handelnden Personen als Steilvorlage, Stichworte sind Guttenberg oder Wulff. Haben Sie eigentlich Mitleid mit ihren potentiellen Opfern?
AZ: Bei jedem, der heute durch den Dreck des öffentlichen Dorfes geschleift wird, regt sich irgendwann das Mitleid, auch wenn der oder die es „selber schuld“ sind.
Mir tun allerdings ebenso die Menschen leid, die von eben jenen enttäuscht wurden.
Wenn vermeintliche „Hoffnungsträger“ versagen oder den an Sie gestellten Anspruch einfach nicht erfüllen können, tut es mir auch um die Sache leid.
„Wenn Hoffnungsträger versagen, ist es auch schade um die Sache“
SC: Was bedeutet für Sie, die Sie vom Improvisationstheater kommen, das Zurückdrängen des politischen Ensemblekabaretts?
AZ: Eine Zeitlang gab es praktisch keine Ensembles mehr. Das ändert sich seit einigen Jahren, Kom(m)ödchen, Lach und Schieß haben eigene Ensembles, es gibt das Deutsche Zwangsensemble, Pfeffermühle, Herkuleskeule und einige mehr. Schwer haben es neue Ensembles, z.B. das Bundeskabarett.
SC: Sind Sie gerne Rheinländerin? Sagen Sie, es hätte schlimmer kommen können oder haben Sie viel am rheinischen Menschschlag auszusetzen?
AZ: Ich bin gerne Rheinländerin und stehe zu meiner Herkunft. Der Rheinländer ist ein Produkt aus jahrhundertelanger Kreuzung vieler Völker. Deswegen ist der Rheinländer so tolerant „Laut Tucholsky ist Toleranz das Gefühl , das der andere Recht haben könnte“
SC: Wen würden Sie gerne auf einen langen Urlaub mitnehmen, wo es nichts zu lesen gibt und man die Zeit damit verbringen müsste, sich viel zu unterhalten!
AZ: Helmut Karasek – denn dann brauch man kein Radio und auch nichts zu lesen.
SC: Was halten Sie von der Mann – Frau Welle, mit der unter anderem Mario Barth so viel Erfolg hat?
AZ: Vor Jahren als Dozentin in der Kölner Comedy Schule war Mario in der Master Class. Er war damals schon einer meiner Favoriten, der andere war Eckart von Hirschhausen. Beide befassen sich mit demselben Thema, wenn auch auf unterschiedlichen Ebenen, manche sagen sogar auf unterschiedlichem Niveau .
Aber darum geht es gar nicht Die Leute heute sind so durcheinander, dass sie immer glücklich sind, wenn es einmal um eine Sache geht, bei der sie 100% kompetent mitreden können. Mit irgendwelchen Formen von Beziehung kennt sich halt jeder aus.
SC: Wie sehen Sie die Rolle der Frau heute? Wieso gibt es eigentlich so wenige Kabarettistinnen und Komödiantinnen.
AZ: Warum es so wenige Frauen in unserer Branche gibt? Weil eine Frau immer zuerst als Frau angesehen wird und dann erst als Person. Zusätzlich soll man immerzu
authentisch sein. Furchtbar! Als wenn heute noch irgendetwas – irgendeine Doku im Fernsehen beispielsweise - authentisch wäre.
Wenn eine Frau nicht über sich spricht, finden es die Leute unglaubwürdig, wenn eine Frau aber über sich spricht, ist es langweilig. Es ist also schwierig.
Dadurch ist die Lage der Frau in der Comedy ist wie im wirklichen Leben: Meist unten! Nur ich bin manchmal obenauf! Sowie einige andere auch.
SC: Wie probieren Sie Gags aus. Wann wissen Sie, ob ein Gag funktioniert? Kommt ihr Partner oder ihre Freunde als Versuchskaninchen in den Genuss Anka Zink Gags beurteilen zu dürfen.
AZ: Meine Oneliner, also die kleinen Scherze mit weniger als zehn Worten, probiere ich gerne im persönlichen Gespräch aus. Für größere Gags sollte man textsicher sein und daher probiere ich diese Sachen lieber vor kleinem, aber zahlendem Publikum.
SC: Sie haben neben vielen andern mit Harald Schmidt im Kom(m)ödchen im Ensemble gespielt. Was halten Sie vom Late Night Format? Sie wären doch prädestiniert für dieses Format. Keine Lust?
AZ: Sehr große Lust sogar! Ich war sogar mal gefragt für ein Late Night Format in einem öffentlich-rechtlichen Sender.
Leider scheiterte zeitgleich eine geschätzte Kollegin beim Versuch dieses Format zu entern und somit wurde die Idee von meinem Sender nicht weiter verfolgt.
Daraus lernen wir mal wieder: Wenn eine Frau einmal etwas falsch macht, können das alle Frauen nicht!
Aber wenn ein Mann einmal etwas richtig macht, können es alle Männer! Ich möchte das nicht beurteilen, geschweige denn verurteilen! Ich lebe damit.
SC: Was war das lustigste Bühnenerlebnis, das Sie je hatten?
AZ: Oha, mich hat lange niemand nach etwas Lustigem im Kabarett gefragt…
Vor Jahren bei einem Auftritt in Hessen habe ich mich hocherotisch auf einer Chaiselongue gewälzt, weil dies zum politischen Programm gehörte. Es klappte ganz gut, bis zu dem Moment wo die „ Dienstkatze“ des Hauses (Arbeitsbereich Mäuse etc.) es sich mitten in meiner Nummer ebenfalls auf dem Sofa bequem machte und blieb! Sie können sich vorstellen, welche Wandlung meine Darstellung nach diesem „Zwischenfall“ erfuhr. Sicher, ein Lacherfolg war es …aber:
Humor und Sex sind eben doch Todfeinde!
Interview: Konstantin Grosse