
06.03.2017 || StageCat: Sie hatten einen anderen Beruf gewählt. Wann kam Ihr Entschluss Schriftsteller zu werden?
Nathan Winters: Der Startschuss fiel 2010. Meine Frau war daran nicht ganz unbeteiligt.
Ich hatte ihr eine Kurzgeschichte vorgelesen, die ich vor Jahren geschrieben hatte. Die hat ihr dann so gut gefallen, dass sie mich ermunterte mich an einem
ganzen Roman zu versuchen und an Schreibwettbewerben teilzunehmen.
So hat die ganze Sache angefangen.
SC: Im März erscheint im ProTalk Verlag Ihr neues Buch Das Geheimnis der Madame Yin. Wie kam es zu dieser Geschichte?
NW: Zum einen fasziniert mich das viktorianische Zeitalter – in diese Zeit fiel der Übergang zur industriellen Revolution: Tradition traf auf Moderne.
Hinzu kommen die Gegensätze zwischen Arm und Reich. Die daraus resultierenden Konflikte bieten viele Möglichkeiten um spannende Geschichten zu erzählen.
Zum anderen gab es da den gesellschaftlichen Unterschied zwischen Männern und Frauen. Ein weiblicher Detektiv war in dieser Zeit kaum denkbar.
Mir hat es großen Spaß gemacht, das anhand der beiden Hauptprotagonisten, der Pinkerton Detektivin Celeste Summersteen und dem Scotland Yard Inspector Robert Edwards deutlich zu machen.
SC: Wieso steckten Sie die Protagonistin Celeste in diese Männerwelt & wie würden Sie das Verhältnis zwischen ihr und Inspector Edwards beschreiben?
NW: Ich habe mir die Frage gestellt, wie würde Celeste mit der Ablehnung und dem täglichen Unverständnis für ihre Arbeit als Detektivin umgehen. Mit diesen Gedanken im Hinterkopf haben sich dann ihre Fähigkeiten entwickelt. Ich würde sie als charmant, klug und als etwas zu direkt beschreiben. Eigenschaften, die die damalige Männerwelt eher verwirrten, statt sie zu beeindrucken.
Das zeige ich dann deutlich an Inspector Edwards. Es war toll, ihn Celeste gegenüber zu stellen. Er ist was Frauen angeht doch eher konservativ, dazu launisch, raubeinig und von ihrer Anwesenheit einfach nur genervt.
Celeste liebt es, ihn mit ihrer Art zur Weißglut zu treiben.
Ihr Verhältnis ist dementsprechend schwierig.
SC: Wie kommt es zu diesen historischen Themen? Wie entscheiden Sie sich für eine Epoche?
NW: Ich bin geschichtlich und archäologisch sehr interessiert. Als Kind wollte ich lange Zeit Archäologe werden. Das ist wohl einer der Hauptgründe, warum ich gerne Stoffe mit historischem Hintergrund wähle. Hinzu kommt die Recherchearbeit, auf die ich mich immer besonders freue. Das hat etwas detektivisches und den angenehmen Nebeneffekt, dass man noch einiges über die Epoche lernt, in der man schreiben möchte.
Auf diese Weise versuche ich eine vergangene Zeit zum Leben zu erwecken und sie mit meinen Figuren und meinen Ideen zu füllen. Darin abzutauchen macht mir einfach großen Spaß und wenn ich meine Leser mit meiner Fantasie begeistern kann, dann bin ich glücklich und habe das erreicht, was ich erreichen wollte.
SC: Was inspiriert Sie?
NW: Das ist so unterschiedlich wie die Geschichten, die ich noch schreiben möchte.
Das können Filme, Bücher, eine Dokumentation oder Fundstücke auf Flohmärkten sein, die ich interessant finde. Dann ist es eine Überschrift in einer Zeitung. Als sehr inspirierend empfinde ich Besuche in Museen, oder Ruinen von alten Häusern oder Burgen. Da schlägt meine Fantasie gern mal Purzelbäume.
Ich muss mir dann immer Notizen machen. Da ich aber gerne mal mein Notizbuch vergesse, bin ich froh, dass meine Frau immer etwas zu schreiben für mich mitnimmt.
SC: Es heißt, Schreiben mache einsam. Stimmt das?
NW: Beim Schreiben brauche ich auf jeden Fall Ruhe, damit ich ganz in die Geschichte eintauchen kann. Da bringt mich jede noch so kleine Störung raus. Ich benötige dann nur mein Laptop, meine Unterlagen, passende Filmmusik, eine Tasse Kaffee und Schokolade um die Nerven zu beruhigen, wenn es mal nicht so läuft, wie ich mir das gerne wünsche.
Aber sonst bin ich eher ein geselliger Mensch. Ich glaube das ist auch wichtig, zum einen um neue Eindrücke zu sammeln, aber auch um seine Batterien wieder aufzuladen. Auch wenn man es nicht glaubt, Schreiben kann sehr, sehr anstrengend sein.
SC: Mit dem Projekt Feather & Sounds und dem Musiker Werner Wieczorek schaffen Sie Hörbuch-Feeling bei einer Lesung. Wie können wir uns das vorstellen?
NW: Nun, ich versuche möglichst spannend, emotional und atmosphärisch zu lesen. Dazu spreche ich meine Charaktere mit unterschiedlichen Stimmen.
Im Vorfeld, bei den Proben, komponiert Werner einen passenden Soundtrack zu meiner Story, die die Stimmungen der Textpassagen stärker untermalt.
Man kennt das von Filmmusik. Eine Szene wird noch trauriger, wenn man sie mit passender Musik unterlegt.
Den Soundtrack spielt er dann live während der Lesungen ein.
Doch um die Illusion im Kopf des Zuhörers noch zu verdichten, benutzen wir auch Soundeffekte. Das kann Möwengeschrei, Hufgeklapper, Regen und vieles mehr sein. So erschaffen wir einen dichten Klangteppich aus Stimme, Musik und Effekten.
SC: Sie werden auch bei der Leipziger Buchmesse lesen. Was können die Besucher der Messe von Ihnen erwarten?
NW: Da ich alleine komme, erwartet den Zuhörer eine Lesung mit viel Engagement, Atmosphäre und verschiedenen Stimmen, aber leider ohne Effekte und Musik.
Wer danach Lust hat, kann mir gerne Fragen stellen und vielleicht ergibt sich daraus, das ein oder andere nette Gespräch.
Ich freue mich auf jeden Fall schon sehr auf Leipzig.
SC: Welches Projekt würden Sie gerne noch realisieren?
NW: Wo soll ich da anfangen?
Natürlich würde ich liebend gerne einen zweiten Teil zu Celeste und Edwards verfassen. Ideen habe ich schon.
Momentan überarbeite ich meinen Abenteuerroman, der in den 20er Jahren spielt und die Jagd nach dem Grab von Alexander dem Großen zum Thema hat.
Das ist eine Geschichte, die mir sehr am Herzen liegt.
Nebenher, wenn ich mal ein bisschen Luft habe, arbeite ich am Plot für einen Wikingerroman. Ich hatte schon sehr lange Lust darauf, etwas in diese Richtung zu machen. Mal sehen, was danach kommt.
SC: Wann können wir uns auf Ihr nächstes Buch freuen?
NW: Ich schreibe gerade sehr intensiv an einer e-book Serie, die eventuell Ende des Jahres erscheinen wird. Was danach kommt? Das weiß ich leider nicht.
Die Antwort kann Ihnen nur meine Agentur Langenbuch und Weiß und die Verlage geben. An mir soll es jedenfalls nicht liegen.
SC: Wie sieht ein freier Tag in Ihrem Leben aus?
NW: Den verbringe ich am liebsten mit meiner Frau und er beginnt mit einem gemütlichen Frühstück. Danach unternehmen wir meist etwas. Entweder gehen wir spazieren, in einen Tierpark, oder im Sommer zum Bogenschießen. Wenn ich die Möglichkeit habe, reite ich sehr gern.
Abends treffe ich mich gerne mit Freunden. Zum Quatschen, zum Pen & Paper Rollenspiel und auf ein Fläschchen Bier.
SC: Welche drei Dinge würden Sie auf eine einsame Insel mitnehmen & wieso?
NW: Unbedingt ein Boot. Für den Fall, dass es mir auf der Insel zu langweilig werden sollte, oder es in der Nähe etwas Interessantes zu erforschen gäbe.
Natürlich meinen Laptop mit selbstaufladendem Akku und, wenn auch unmögliches möglich wäre, ein paar Berge in denen ich herum wandern kann, denn ich bin absolut kein Strandurlauber.
Interview: JA
Foto: Thomas Langens