
19.09.2014 || Lars Ruppel, Jahrgang 1985, gehört zu den kleinen Stars der deutschen Poetry-Slam-Szene. Der Marburger Wortakrobat betreibt nicht nur eine eigene Lesebühne und wurde deutscher Poetry-Slam-Teammeister 2007, Team-Meister 2013 und Vizemeister 2013, sondern ist mit seiner Wortkunst auch im Dienst der guten Sache unterwegs: Unter dem Motto "Weckworte" besucht Ruppel Demenzkranke, denen er durch das Vorlesen und gemeinsame Aufsagen von Gedichten hilft, verlorene Erinnerungen und manchmal überhaupt die eigene Sprache wiederzufinden. In seinem neuen Gedichtband "Holger, die Waldfee" steht die Auffrischung hergebrachter Redensarten im Mittelpunkt, doch geschieht diese nicht therapeutisch, sondern poetisch.
Poesie über stehender Wendung
"Holger, die Waldfee" enthält zehn erzählende Gedichte, die den Akteuren bekannter deutscher Redensarten ein Gesicht und eine Geschichte verleihen. So werden die Redensarten »Schmitz Katze«, »Nicht schlecht, Herr Specht«, »Alter Schwede«, »Heiliger Strohsack«, »Volker Racho«, »Heide Witzka«, »Weiß der Kuckuck!«, »Ach, du liebes Bisschen«, »Holger, die Waldfee« und »Mein lieber Herr Gesangsverein« zu neuem und sehr eigenwilligem Leben erweckt.
Ein ebenso traditionsbewusstes, wie leicht verrücktes Unterfangen. Lars Ruppels Poesie kommt daher wie Ringelnatz in Baggy Pants, wie Heinz Erhardt in Nietenjacke, wie ein Feuilletonist auf Speed auf einem Scooter-Konzert. In Ruppels Gedichten verbindet sich die unverbindlich-saloppe Art der Poetry-Slam-Kultur mit Elementen der Klassik und erschließt dem Leser neue Sichtweisen auf altbekannte Wendungen.
Anarchische Gegenwartslyrik
Wer weiß denn schon, wer der »liebe Herr Gesangsverein« war, was Herr Specht nicht schlecht machte oder Schmitz Katze im Schilde führt? Ruppel klärt auf humoristisch wertvolle Art auf. Dabei dichtet er so kunstvoll wie heutig.
Seine Poesie ist stets handwerklich exakt und erfindet herrlich absurde Geschichten hinter altbekannten Redensarten. "Holger, die Waldfee" ist eine poetisch-anarchistische Tour de Force, höchst unterhaltsam und famos gereimt! Der womöglich abwegigste Gedichtzyklus der Literaturgeschichte erscheint endlich in Buchform beim Satyr Verlag, filigran illustriert vom Berliner Künstler Eyke-Sören Röhrs. Ein köstliches Geschenkbuch für alle Sprachverliebten.
Text: Mirco Drewes