05.12.2023 || Eltern aufgepasst: Am 24.11. hat die Kinderband Café Unterzucker ihr viertes Album Freu dich mal! via Trikont herausgebracht – pünktlich zu Nikolaus und Weihnachten! Bereits das ausgekoppelte Titellied „Freu dich mal!“ und die Single „Fehlerlied“ erfüllten wieder alle Erwartungen an die Band aus München: Ihre „kindischen Feierlieder“ speziell zum Geburtstag und für Feiertage sind das ideale Weihnachtsgeschenk in diesem Jahr! Das Geheimrezept dieser Kindermusik mit viel Humor: ein bunter, internationaler Mix aus Instrumenten und Musikgenres – ob Humpa, Shanty oder Country! Das fröhliche, schrille Album wurde von der Stadt München als besonders wertvoller Beitrag zur Kinderkultur gefördert. Da hört die ganze Familie gern zu!
Kinderlieder der besonderen Art: Prädikat „wertvoll“ der Stadt München
Die Münchner Band Café Unterzucker komponiert für Familien mit Humor, so sagen sie – denn ihre Liedertexte zeichnen sich durch viel Witz und geistreiche Pointen aus. Fast noch vielseitiger ist ihre Musik, die überwiegend akustisch ausfällt: Allein die Instrumente, mit denen das Septett aufwartet, hat einen Seltenheitswert, der bereits für ein reines Erwachsenenpublikum aus dem Rahmen fallen würde. Da wären etwa das Banjo, die Bluesharp (eine Mundharmonika) oder die Oud – eine persische Kurzhalslaute und, historisch gesehen, die Großmutter der europäischen Laute. Dazu die herkömmlichen Instrumente aus der klassischen Kammermusik: Violine, Bratsche, Klarinette, Posaune und Tuba – aber natürlich auch Drums.
Klingt Ihnen alles zu anspruchsvoll für unmusikalische Kinder? Keine Angst! Bei diesen Rhythmen machen wirklich alle mit: Café Unterzucker ist eine grelle Mischung aus fröhlichen und beschwingten musikalischen Stilen, oft mit Jazz-Improvisationen wie in Disneys Dschungelbuch. Das neue Album Freu dich mal! ist da keine Ausnahme: Hier gibt es Humpa, Foxtrott, Shanty, Country und Cumbia – alles internationale Musikstile zum Mittanzen! Bereits 2022 erhielt das noch unvollständige Projekt von der Stadt München, der Heimat der Kinderband, das alljährliche Stipendium im Bereich Musik. Als Begründung nannte die Stadt den wertvollen Beitrag für die Kinderkultur, den Café Unterzucker leistet. Eine rundum verdiente Auszeichnung!
Die beiden Singles „Freu dich mal!“ und „Fehlerlied“ führen eine alte Tradition von Café Unterzucker fort: Kinderlieder, die eigentlich schon an Comedy und Kabarett grenzen. Besonders „Freu dich mal!“ knüpft an frühere Hits wie „Leiser“ an, der Kinder auf humorvolle Art an Jazz heranführte – mit Kakophonie und Katzenjammer.
Im Liedertext geht es darum, dass Kinder zum Lachen gebracht werden sollen, wenn sie traurig sind oder schmollen. Therapieformen wie Theraplay würden das sicher unterstützen. Kann es aber nicht auch Sinn machen, die Traurigkeit einfach zuzulassen? Sollten Kinder nicht hören, dass negative Emotionen genauso berechtigt sind wie positive?
Verstehen Kinder Ironie?
Ähnliche Fragen könnte man beim „Fehlerlied“ stellen. Es lauert überall Gefahr, was falsch und was nicht richtig war erfährt man oft erst später, heißt es da gleich zu Anfang. Der Refrain mimt den Anwalt des Teufels: Applaus gibt’s nicht für Fehler! Singt’s hinaus in alle Täler: Wer alles, alles richtig macht wird nie im Leben ausgelacht! Drum mach’s wie wir und sei dabei und leb‘ dein Leben fehlerfrei! Eine Art Verführung zum moralischen Fehlschluss, die in der zweiten Strophe weitergesponnen wird: Liebe Leute, seht es ein: Das Irren kann zwar menschlich sein, doch müsst ihr es vermeiden! Denn nur wer niemals was versaut, dem wird von anderen auch getraut und jeder kann ihn leiden!
Natürlich ist das alles Ironie vom Feinsten: Die Band hält der Gesellschaft den Spiegel vor und ertappt sie bei ihrer eigenen Scheinheiligkeit. Was aber für Eltern lehrreich sein kann, hat nicht automatisch denselben Effekt auf die Kinder. Was, wenn Kinder die Ironie nicht verstehen und tatsächlich glauben, was da gesungen wird? Die Frage ist nicht neu in der Kinderpädagogik: Verstehen Kinder überhaupt Ironie? Können sie erkennen, wenn ein Lied oder ein Text das Gegenteil von dem meint, was er in Worten und Sätzen aussagt? Der pädagogische Konsens jedenfalls tendiert dazu, Ironie bis zum Grundschulalter immer noch als schwierig zu bewerten.
Am Ende des „Fehlerlieds“ unterbricht der Sänger und singt daraufhin die Schlusstöne schräg. Oh, das war jetzt falsch! Darf ich nochmal? fragt er. Nö!, donnern die anderen Bandmitglieder. Ja, das treibt diese Philosophie tatsächlich auf die Spitze: Wenn keiner Fehler machen darf, dann ist am Ende niemand mehr übrig, der nie Fehler macht. Und doch entspricht das „Nö!“ in gewisser Weise der normalen Lebensrealität der Kinder: Wenn bei Klassenarbeiten die Pausenuhr läutet, müssen eben die Stifte weg und die Papiere werden eingesammelt – selbst wenn man noch den einen oder anderen Fehler zu korrigieren hat.
In unserem Schulsystem wertet die Grundschule die Fehler von Kindern aus, um sie auf weiterführende Schulen zu empfehlen. Und die Kinder lernen früh, dass eine bestimmte Schulform bei Erwachsenen Reaktionen hervorruft. Wer auf die Hauptschule geht, erntet von der Mittelschicht Verachtung. Kinder, die Förderschulen besuchen, steigen oft früher aus dem Bus, um Stigmatisierung zu vermeiden. Zynisch formuliert: Wie sollten Kinder dazu in der Lage sein, diesen Liedertext als ironisch wahrzunehmen? Die Erwachsenenwelt um sie herum funktioniert doch genau nach diesem Prinzip.
Aber da Café Unterzucker ein Spaß für die ganze Familie ist, bietet sich bei solchen Liedertexten eben auch die Gelegenheit, damit Eltern einmal in ihrer eigenen Erklärungsnot verstummen – beim Mitsingen und Mitklatschen. Ein bisschen Grausamkeit hat noch keinem Erwachsenen geschadet.
Über die Band:
Café Unterzucker ist eine Band für Kinder, Erwachsene und „humorvolle Familien“. Das Septett aus München betreibt einen internationalen Mix aus Irish Folk, Rock, Blues, Bluegrass, Jazz, Seemannsliedern und vielen anderen musikalischen Stilen. Die Band besteht aus Tobias Weber (Kompositionen, Gitarre, Banjo, Bass, Oud, Gesang), Richard Oehmann (Liedertexte, Gesang), Evi Keglmaier (Tuba, Geige, Bratsche), Anton Gruber (Bluesharp, Gesang), Mathias Götz (Posaune, Pfeifen), Greulix Schrank (Schlagzeug) sowie Maria Hafner (Gesang, Sprecheinlagen). Café Unterzuckers erstes Projekt war die CD-Beilage zu Richard Oehmanns Kinderbuch Wolfi, der Musketier (2012). Es folgten die Alben Leiser (2013), Bitte Mama, hol mich ab (2015) und Nenn mich nicht mehr Häselein (2019). Für ihr viertes Album Freu dich mal! (2023) erhielt die Band 2022 das Jahresstipendium im Bereich Musik der Stadt München. Zudem gibt Café Unterzucker regelmäßig Live-Konzerte.
Text: PB
Label: Trikont