
13.10.2014 || Der Oktober läutet traditionell den Bücherherbst in Deutschland ein. Persönliche Ehrungen werden ausgesprochen, alljährlich werden so neue oder etablierte Künstler in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses gerückt. Mit dem Ende der Frankfurter Buchmesse stehen die Preisträger der hiesigen Literaturlandschaft fest. Und auch das Nobel-Komitee hat internationale Meriten verliehen. Wir geben eine Übersicht über die Preisträger.
Deutscher Buchpreis geht an Lutz Seiler
Der Gewinner des Deutschen Buchpreises 2014 ist Lutz Seiler. Er erhält die Auszeichnung für seinen Roman "Kruso" (Suhrkamp), der als bester deutschsprachiger Roman des Jahres gekürt würde. Lutz Seilers erster Roman überzeuge durch seine vollkommen eigenständige poetische Sprache, seine sinnliche Intensität und Welthaltigkeit, heißt es in der Begründung in der Jury. "Kruso" zeichnet ein Porträt der Parallelwelt Hiddensees, die sich aus Intellektuellen und Künstlern zusammensetzte, die der geistigen Enge der DDR als Saisonkräfte ins innere Exil der Ostsee-Insel entkamen.
Lutz Seiler hat sich durchgesetzt gegen: Thomas Hettche ("Pfaueninsel", Kiepenheuer & Witsch), Angelika Klüssendorf ("April", Kiepenheuer & Witsch), Gertrud Leutenegger ("Panischer Frühling", Suhrkamp), Thomas Melle: ("3000 Euro", Rowohlt.Berlin), und Heinrich Steinfest ("Der Allesforscher", Piper).
Seiler erhält ein Preisgeld von 25.000 Euro; die fünf Finalisten erhalten jeweils 2.500 Euro. Der Preisträger wurde in mehreren Auswahlstufen ermittelt. Die sieben Jurymitglieder haben 176 Titel gesichtet, die zwischen Oktober 2013 und dem 10. September 2014 erschienen sind. Aus diesen Romanen wurde eine 20 Titel umfassende Longlist zusammengestellt. Daraus haben die Juroren sechs Titel für die Shortlist gewählt.
Weitere Auszeichnungen
Der Deutsche Cartoonpreis geht in der Kategorie "Neue Talente" an Hannes Richert, in der Kategorie "Buch" an Rattelschneck.
Die Europäische Kommission hat den Literaturpreis der Europäischen Union an folgende Nachwuchsschriftsteller vergeben: Ben Blushi (Albanien), Milen Ruskow (Bulgarien), Makis Tsitas (Griechenland), Oddnı Eir (Island), Janis Jonevs (Lettland), Armin Öhri (Liechtenstein), Pierre J. Mejlak (Malta), Ognjen Spahi? (Montenegro), Marente de Moor (Niederlande), Ugljea ajtinac (Serbien), Jan N?mec (Tschechische Republik), Birgül O?uz (Türkei) und Evie Wyld (Vereinigtes Königreich).
In der Frankfurter Paulskirche wurde der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels verliehen. Als Preisträger stand seit Juni der amerikanische Informatiker, Musiker und Schriftsteller Jaron Lanier fest. In Lanier sieht die Jury "einen Pionier der digitalen Welt, der erkannt hat, welche Risiken diese für die freie Lebensgestaltung eines jeden Menschen birgt."
In der Begründung heißt es weiter: "Eindringlich weist Jaron Lanier auf die Gefahren hin, die unserer offenen Gesellschaft drohen, wenn ihr die Macht der Gestaltung entzogen wird und wenn Menschen, trotz eines Gewinns an Vielfalt und Freiheit, auf digitale Kategorien reduziert werden. Sein jüngstes Werk 'Wem gehört die Zukunft' wird somit zu einem Appell, wachsam gegenüber Unfreiheit, Missbrauch und Überwachung zu sein und der digitalen Welt Strukturen vorzugeben, die die Rechte des Individuums beachten und die demokratische Teilhabe aller fördern."
Literaturnobelpreis für Patrick Modiano
Für eine Überraschung sorgte die Jury des Nobelpreis-Komittees in Stockholm. Den Nobelpreis für Literatur 2014 erhält der medienscheue französische Schriftsteller Patrick Modiano. Die Entscheidung für das Werk des 69 Jahre alten Schriftstellers wurde nicht erwartet. Es waren einerseits als übliche Verdächtige ein paar große Namen gehandelt worden, bei den Buchmachern galt kurz vor der Bekanntgabe der Kenianer Ngugi wa Thiong'o als Favorit.
Modiano zählt zu den bedeutendsten französischen Schriftstellern der Gegenwart. Sein Werk, schmale Romane in einer klaren, sparsamen Sprache, erscheint in Deutschland im Hanser Verlag. Zuletzt erschienen dort "Place de l'Étoile" (2010), "Im Café der verlorenen Jugend" (2012) und "Der Horizont" (2013).
Seine Erzählungen lässt er zumeist in den Vierziger- und Sechzigerjahren des 20. Jahrhunderts spielen; oft thematisierte er die Besetzung Frankreichs durch Nazi-Deutschland. "Ich versuche bei den Menschen und den Dingen die Schicht des Vergessens zu durchstoßen", beschrieb Modiano in einem seiner äußerst seltenen Intervies seine künstlerische Intention.
Text: Mirco Drewes
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Lutz Seilers "Kruso" bei Suhrkamp