
21.09.2021 || Ein tiefer Brunnen im Keller eines Elternhauses
Grund, das Verlagsdebüt der Berliner Autorin Sylvia Wage ist am 27.08.2021 im Eichborn Verlag erschienen. Mit dem Titel liefert sie einen Roman mit schrägem Humor und Tiefgang ab, der besonders in den Zwischentönen glänzt. Mit ihrem Manuskript gewann die Autorin 2020 den renommierten Blogbuster-Preis.
Warum hält ein Kind den eigenen Vater jahrzehntelang in einem Brunnen im Keller gefangen? Was zunächst nach düsterem Krimi klingt, entpuppt sich schnell als Milieu- und Charakterstudie einer Familie. In Zwischentönen und Andeutungen enthüllen sich deren Abgründe. Wie viel davon tatsächlich wahr ist, bleibt offen bis zum Schluss.
Eine täuschend schlichte Erzählung
Die eigentliche Geschichte von "Grund" ist schnell erzählt: Ein Vater liegt tot in einem Brunnen im Keller. Seine drei Kinder stehen oben und wissen nicht so recht weiter. Der Vater war seit Jahren verschwunden wie sich herausstellt, lebte er seit Jahren in dem Kellerbrunnen, wo eines seiner Kinder ihn hineingestoßen und seitdem versorgt hat. Nun müssen sie entscheiden, was sie mit der Leiche des einst despotischen Vaters tun sollen. Eine simple, geradlinige Geschichte, wenn da nicht die Metaebenen wären, in denen der Vater gewalttätig ist und die Mutter zur Trinkerin wird. Gleichzeitig hinterfragt der Erzähler selbst, ob die Leser ihm glauben können und wie wahr die Geschichte sein kann.
Leichtigkeit trotz schwerer Themen
Die größte Stärke des Romans ist sein Erzähler. Genüsslich und schamlos lügt er und weist den Leser sogar selbst auf die Irrwitzigkeit der Geschichte und auf Lücken in der Erzählung hin. Mit viel Lakonie und Humor ist es dieser Erzählstimme zu verdanken, dass selbst die schweren Themen nie erdrückend werden. Das Düstere und Gewalttätige wird in die Zwischentöne verbannt, ist immer spürbar, aber nie überwältigend.
Das Ergebnis ist ein Buch, das herrlich absurd und erfrischend anders ist.
Grund von Sylvia Wage ist im Eichborn Verlag erschienen und überall dort erhältlich, wo es Bücher gibt.
Text: KS
Foto: Johannes Baptista Ludwig